Die ersten 1000 KM in Panama – Vom Fluch & Segen der Panamericana
Seit ich Panama City verlassen habe sind nun 3 Wochen vergangen und ich bin gut voran gekommen. In diesen 3 Wochen ist doch einiges passiert, was ich definitiv nicht mehr vergessen werde und ich habe eher das Gefühl schon doppelt so lang in diesem wunderschönen und von Deutschland aus gesehen, zu Unrecht, unterschätztem Land zu sein. Aber das abschließende Urteil werde ich mir wirklich bis zum Schluss aufheben. Nur so viel vorweg. Ich werde Panama sicherlich nicht zum letzten Mal besucht haben. Aber zurück zu dem, was seit Panama City vorgefallen ist, wem ich begegnet bin und was ich erleben durfte.
La Chorrera – Eintauchen in das Leben der Panamesen
Angefangen hat die Tour mit relativ überschaubaren 31 KM zu dem nicht wirklich spannenden Ort „La Chorrera“. Warum ich ausgerechnet diesen Ort gewählt habe? Nun das hängt damit zusammen, dass ich anhand der von Fren (wer sich vielleicht erinnert die ältere Dame, die ich Panama City kennen gelernt habe) empfohlenen App „iOverlander“ in La Chorrera, eine panamesische Familie Namens Romero ausfindig machen konnte, welche anscheinend offen gegenüber Radreisenden sind und ihren Garten als sicheren Zeltplatz zur Verfügung stellen.
Quasi blind bin ich dem dann auch einfach mal gefolgt, ohne genau zu wissen worauf ich mich dort eingelassen habe. Dort angekommen wurde ich dann doch sehr schnell als Radreisender erkannt und sehr überschwänglich begrüßt und zum Haus gebeten. Javier der anscheinend älteste Sohn der Familie, war der englischen Sprache mächtig und so konnte ich mich ausgiebig mit ihm unterhalten. Er zeigte mir alles im Haus und wo ich mein Zelt aufschlagen konnte. Das Wohnzimmer war Mittelpunkt des Hauses der Familie und war einfach aber zweckdienlich eingerichtet. Das Schlafzimmer der Eltern und des Bruders, sowie die Küche und das Badezimmer glichen aber eher einem gerade fertig geworden Rohbau. Sehr erschrocken war ich nicht, da ich in ähnlichen Unterkünften in Thailand schon mal gewohnt hatte. Überrascht war ich jedoch, da der Bruder als auch Javier, doch recht gut zu verdienen schienen, gemessen am Einkauf und Auto, welches sie fuhren. Gefragt hatte ich natürlich nicht, wie das zusammen passt. Ich nahm es ehr als witzige und einmalige Gelegenheit in den Alltag einer echten einheimischen Familie einblicken zu können.
Der Vater war ein echtes Original und glich eher einem italienischem Don. Er lief permanent tagsüber ohne Oberteil, dafür aber mit fettem Jesuskreuz an einer Halskette und zurück gegeltem Haar herum. Die Mutter, übermäßig herzlich auch wenn die Sprachbarrieren ausführenden Austausch verhinderten. Gefragt wurde ich, ob ich mit Einkaufen gehen möchte. Sicherlich da ich ja auch für Abends essen brauchte. Ich dachte wir blieben in der Ortschaft. Jedoch ging es tatsächlich nach Panama City zurück. Das Gefühl war doch etwas seltsam die gleiche Strecke bergab zurück zu fahren, welche ich zuvor 3 Stunden lang schnaufend bei 40 Grad in der Sonne und 40 KG Gepäck hoch gestrampelt bin. Man bekommt automatisch ein andere Gefühl für Distanzen und Lasten, wenn sie aus eigener Kraft bewältigen werden müssen.
Am Abend wurde ich dann auch noch von der Familie zum Essen eingeladen, welches die Freundin des Bruders zubereiten hatte. Echte Mittelamerikanische Burritos mit Guacamole, Käse und alles was dazu gehört. Zuvor genossen wir jedoch noch ein bisschen Musik und Javier zeigte mir sein „Arbeitszimmer“. Es glich aber eher eine Garage mit allen möglichen Büchern aus verschiedenen Jahrzehnten Brusthoch über den ganzen Boden gestapelt. Sehr Krass. Hintergrund ist, dass Javier Poet und Geschichtsschreiber ist. Er hat damit auch schon Preise in Panama gewonnen und ist aufgrund dessen auch durch Europa für Verlage gereist und schreibt Kurzgeschichten für Kunstfilme. Sein Bruder hingegen studiert Geschichte und konnte mir ein bisschen was zum wahren Charakter von dem Piraten Balboa erzählen. Der Bruder steht seinen ruhmreichen Taten doch eher kritisch gegenüber, da die meisten von denen nämlich nicht ihm, sondern den indigen Völkern zuzuschreiben sind.
Am nächsten Tag nahm ich Abschied von der Familie und es wahr nicht wirklich wie in einem Hotel oder Hostel, das man verlässt sondern hatte ich eher das Gefühl Freunden auf Wiedersehen zu sagen. Ein war eine sehr schöne und bereichernde Erfahrung und dank der App und dem blinden Vertrauen eine zur Realität gewordenen.
San Carlos – Surfer Ruhepuls
Als nächstes landete ich San Carlos. Einem Surfeinod, sehr beschaulich und überhaupt keine Touristen und mit überhaupt meine ich überhaupt. Außer den 3 Jungs, allesamt Surfer bzw. angehende und 4
anderen Hostelgästen, war niemand außer uns an dem kleinen Strand. Extrem entspannend und sehr angenehm.
Wir 4 Jungs waren irgendwie direkt auf einer Wellenlänge (kann man das bei Surfern so sagen? :-D) und so verbrachten wir die folgenden 2 Tage zusammen, gingen Essen, tranken Bier und relaxten. Sehr angenehm nach den 2 Tagen, doch recht überschaubaren Radtagen. Die erste Surfstunde wurde dann auch in Angriff genommen, wenn auch nicht sehr erfolgreich am Anfang. Zu wenig Wellen, zu kleines Board.
Penenomé – Übernachten bei den Bomberos
Am nächsten Tag ging es nach Penonomé. Dank iOverlander übernachtete ich tatsächlich in einer Feuerwehrwache. Leider sprach niemand englisch aber für die nötigste Verständigung hat mein gelerntes Spanisch und unter Mithilfe von Google dann gereicht. Jedoch musste es am nächsten Morgen um 6:30 wieder alles gepackt sein und weiter gehen. Auch hier traf ich sehr gastfreundliche Menschen.
Santiago – oder Jäger der verlorenen Schätze
Und dann kam er, der mit Sicherheit mental und physisch vorerst quälendste Tag. Es ging eigentlich alles ganz gut los. Ich war früh auf den Beinen, es war vom Klima noch sehr angenehm und ich hatte Rückenwind. Zwischendurch ließ ich die Gedanken schweifen, ob das Rad das richtige Reisemittel sei oder vielleicht doch ein Camper cooler wäre. Mir dem Camper könnte ich schließlich meinem heiß geliebtem Hobby, dem Kitesurfen, nachgehen. Dass ich Tage später genau wissend das richtige gemacht habe, war mir da halt noch nicht klar.
Jedenfalls war ich nicht ganz konzentriert bei der Sache. Und so nahm mit der ersten Pause am Minimarket das Drama seinen Lauf. Nichts ahnend fuhr ich geschwind leicht bergab weiter, sehr überrascht wie gut ich heute voran kam. Nach 70 KM, 25 Km vor Santiago sah ich auf der anderen Seite gleichgesinnte Radreisende. Kurz überlegend drehte ich um, um von ihrer Erfahrung zu profitieren und Kontakte zu knüpfen. Schließlich waren es die ersten denen ich begegnete. Es war ein mexikanisches Pärchen und was gleich auffiel, sie waren doch erheblich einfacher und leichter bepackt unterwegs als ich. „So gehts anscheinend auch“ dachte ich mir innerlich nur und musste schmunzeln. Das Rad des Mädels war zudem aus Bambus, welches sie selbst angefertigt hat. Großen Respekt dafür. Ich bemerkte, dass sie irgendwas im Auge hatte und wollte ihr meine Augentropfen aus meinem gute gefüllten Medikoffer anbieten. Erst dankend ablehnend wollte Sie es dann doch in Anspruch nehmen.
So suchte ich also meinen Schlüsselbund in der Lenkertasche und musste erschreckend fest stellen, dass er nicht mehr da war. Zack Puls wieder auf 150 obwohl ich stand. Mir war klar, ich werde in jedem Fall zurück fahren, um ihn zu suchen, falls ich ihn bereits am Straßenrand verloren hatte. Ich hatte zwar einen Ersatzbund mit, aber auf diesen direkt in der ersten Woche auf Tour zurück greifen zu müssen, gleich wissend, wenn dieser auch noch verloren geht dann ein wirkliches Problem zu haben. Denn dann müsste ich mir in der Heimat Ersatzschlüssel von in Deutschland gefertigten Sicherheitsschlüsseln zukommen lassen, und das war für mich ein No Go.
Also fuhr ich von dannen. Wir tauschten zuvor noch kurz die Mobilnummern aus. Mal sehen, ob wir uns nochmal begegnen. Die Mexikaner fahren in Richtung Süden und ich nach Norden. Zurück war die Strecke natürlich nicht mehr ganz so einfach. Erstens schon 70 KM auf dem Tacho, was verglichen mit den vorherigen Tagen schon eine Tagesetappe war, zweitens Gegenwind zuvor noch Rückenwind und drittens genau, bergauf. Was eine Tortur, jedoch angetrieben vom Drang den Schlüssel wieder finden zu wollen, wurden dann doch nochmal Energiereserven frei gesetzt. Jedoch nirgends am Straßenrand konnte ich den markanten Schlüssel mit Fischanhänger ausmachen. Nur Müll über Müll. Komisch auf dem Hinweg ist mir dieser Abfall gar nicht aufgefallen. Ich überlegte währenddessen nochmal genau, wo ich diesen liegen gelassen haben könnte bzw., wo ich ihn das letzte Mal hatte. Da ist mir Bewusst geworden, dass es am Vormittag bei der ersten Pause gewesen sein muss. Ich hoffte also ihn spätestens dort wieder finden zu können. Gleichzeitig mit der Hoffnung verbunden, das dann dort spätestens die Strapazen vorbei sein würden. Nach Google Maps Verlauf noch maximal 30 Km entfernt. Noch mal 30! Und so war es dann auch, ich fuhr den ganzen Weg zurück bis zum Minimarket. Dort wurde ich direkt grinsend empfangen und sofort sprang jemand zur Kasse und holte, ich hätte es nicht geglaubt, meinen Schlüssel. Was war passiert? Vor dem Markt war eine Bank. Dort legte ich den Schlüssel samt der Trinkflaschen auf der Bank ab. Wahrscheinlich durch den Wind oder durch das wegnehmen der Flaschen, fiel der Schlüssel zu Boden. Nach dem Motto aus den Augen aus den Sinn und wie eingangs erwähnt, Gedankenverloren fuhr ich nach der Pause dann einfach los, ohne nochmal alles zu checken. Überglücklich aber auch mehr als Platt nahm ich den Schlüssel entgegen. Nach der Beantwortung der Frage, wo ich bereits gewesen sei, kam nur eine sehr erstaunte grinsend erschrockene Reaktion.
Völlig verständlich. Also was machen? Erst mal Kontakt mit den Mexikanern aufnehmen, wo sie nun untergekommen sind und ob sie noch weiter fahren. Nach kurzem Austausch stand fest, wir treffen uns 14 KM weiter wieder Richtung Santiago in einem Hotel. Also fuhr ich los und bemerkte ein paar Meter weiter, dass nun mein Campingkissen, welches ich mir aufgrund steigender A…schmerzen über mein Sattel spannte, nun weg war. Das konnte nicht wahr sein und wieder umdrehen. Okay wieder kurz zum Shop, um zu sehen ob es gerade dort runter gefallen sei, aber nein leider nicht. Entweder ist er mir gerade hinten vom Sattel abgezogen worden als ich den Mexikanern schrieb oder er ist bei meinen zahlreichen Stürzen während der Suchaktion abhanden gekommen. Aufgrund des Zwangs im Gegenverkehr fahren zu müssen und der zunehmenden Kraftverlustes bin ich teilweise auf dem Bürgersteig gestürzt, weil dieser immer wieder durch große Lücken unterbrochen war und ich deswegen gezwungen war, das Fahrrad darüber zu heben. Bei wie bereits erwähnt einem Gesamtgewicht von 60 KG, am Ende des Tages keinesfalls leicht und dementsprechend verlor ich das Gleichgewicht. Rückblickend dachte ich, dass vielleicht in dieser Situation das Kissen abhanden gekommen ist, da ich entweder fluchend, betend, jammernd oder einfach nur Schlüssel fixiert, anderweitig beschäftigt war. Jedenfalls war dieses auch am nächsten Tag nichts am Straßenrand auffindbar. Um das ganze aber noch mal zu torpedieren, ist bei der Suchaktion auch der Spanngurt, mit welchem ich das Kissen fixiert habe, ebenfalls abhanden gekommen. Also erneut 14 KM rauf zum Minimarket und just diesen konnte ich kurz vor dem Shop ausfindig machen. Nach der ganzen Sucherei, war ich dann endlich froh wirklich WEITER reisen zu können.
Das Ziel war ein Campingplatz 25 KM hinter Santiago. Ziemlich schnell merkte ich jedoch, dass der Vortag bzw. die anderen Tage zuvor doch ordentlich in den Beinen und dem Hintern steckten. Ob ich wirklich die 105 KM heute schaffen würde, wie ich sie vor hatte sehr fraglich. Kurz vor Santiago und die Zeit drängte, da ich in jedem Fall eine Nachtfahrt auf dieser sehr turbulenten Verkehrsstraße verhindern wollte, wurde ich von einem älteren Herrn angehalten. Die Verständigung war abermals mehr als holperig aber es ging. Er fragte mich, ob ich die Nacht nicht bei ihm verbringen möchte. Ich willigte mehr als dankbar ein, da ich wirklich kaputt und fertig war und sollte ihm sobald ich den Treffpunkt an einem Hotel erreichte, ihn durch den Hotelier anrufen lassen. Gesagt getan traf ich ihn wieder und fuhr bis zu seinem „Casa“ seinem Wagen hinterher. Sein zu Hause war im Vergleich mit anderen Häusern die man am Straßenrand sah und verglichen mit dem Haus der panamesischen Familie der ersten Reisenacht geradezu opulent und modern. Auch das Grundstück war sehr großflächig.
Er erzählte ein wenig von sich und als ich auf die Frage antwortete, wo ich denn herkomme, dass ich aus Deutschland sei, musste er schmunzeln „puco monde“ kleine Welt. Seine Großeltern sind nämlich aus Deutschland und Österreich. Es ist aber zu lang her und so sind seine Deutschkenntnisse auf einige wenige Vokabelbrocken begrenzt. Wir aßen zusammen original italienische Spaghetti Carbonara, denn als Italiener verstand er sein Handwerk. Italiener? Jup als EU Kommissar bereiste er die Welt, führte zahlreiche Projekte und sein letztes war in Panama. Dort lernte er seine Frau kennen, bekam eine Tochter und blieb. Nun genießt er seinen Ruhestand und verbringt nach wie vor die Zeit damit, die historische Geschichte der Menschheit digital zu dokumentieren. Nach meiner Frage, warum er das mache und es gebe doch Wikipedia, erwiderte er nur, ja das schon aber nicht mit allen kausalen Zusammenhängen. Hm ganz schlüssig war mir das nicht, aber doch beeindruckend.
Den nächsten Tag begann ich entspannt auf seiner Veranda bevor es dann gegen Mittag auf den letzten 25 KM zum Campingplatz ging. Die Strecke entpuppte sich endlich als ruhige schöne Landschaftsetappe, wohingegen es zuvor doch eher hektisch auf der Panamericana zuging. Man passierte keinerlei Orte mehr und allmählich fragte ich mich, wo denn hier ein Campingplatz sein soll. Mitten im Nirgendwo war er dann tatsächlich. Geführt von einem Schweizer Pärchen, welches auch
deutsches Brot selbst backte, wie ich den Tagen zuvor von den mexikanischen Reiseradlern erfahren hatte. Perfekt. Ruhe, Abgeschiedenheit, gutes Essen und sogar ein See zum baden.
Also alles, um die Strapazen der Vortage in Zusammenhang mit den Suchereien vergessen zu machen. Am nächsten Tag wollte ich ein wenig in der Umgebung wandern und versuchen auf einen der hohen Hügel zu gelangen, um dort die weite Umgebung fotografieren zu können. „OH NEIN nicht schon wieder!“. Was musste ich feststellen? Die Verlust-Such-Phase nahm kein Ende. Die Neopren Hülle meiner Spiegelreflexkamera war weg. Also erneut aufs Rad und zurück nach Santiago. Aber leider kein Glück auch diese ist auf nimmer wiedersehen weg. Man könnte meinen, ich hätte aus all dem nichts gelernt. Aber wenn man einen halben Hausrat mit sich führt, konzertiert man sich auf das wichtigste und prüft vor jeder Weiterfahrt ob das noch da ist, was da wären Kameras, SCHLÜSSEL, Portemoneie. Hülle war da leider noch nicht inbegriffen.
Es gibt aber nun eine neue besser Checkliste 2.0, damit zumindest die vermeidlich wichtigen Sachen oder zumindest das was in Lenkertasche ständig raus und rein gepackt wird, kontrolliert wird. Zusammenfassend kann man sagen, dass ich vielleicht schon 200 KM weiter sein könnte, hätte es diese Zwischenfälle nicht gegeben. Aber kein Verdruss weiter gehts. Ein ehemaliger Arbeitskollege pflegte immer zu sagen „Lernen durch Schmerz“. Ich weiß nun dessen volle Bedeutung. Aufgrund der erneuten Suche verlängerte ich noch ein Tag auf diesem Campingidyll und bekam am nächsten Tag endlich die erhoffte Aussicht. Auch wenn ich mich dabei auf Privatgelände bewegte und ich mich um den Besitzer, als ich ihn im Dickicht entdeckte, herumschleichen musste. Der Aufstieg war auch alles andere als sicher aber lohnenswert. Seht selbst.
Santa Catalina – Wiedersehen der Reisefreunde und unvergesslicher Ausflug
Nach Santiago folgte Santa Catalina. Auf Raten von Hostelbesuchern auf der bisherigen Strecke entschied ich dem Surfer Paradies Santa Catalina einen Besuch abzustatten. Auch wenn ich quasi nicht surfen kann, hatte ich Lust auf Strand und Meer. Zudem zeichnete sich ab, dass ich Reisebekanntschaften aus Deutschland wieder treffen würde. Die Strecke von 115 KM runter wollte ich in einem Stück schaffen, um noch 2 Tage mit den Bekanntschaften verbringen zu können, bevor diese wieder abreisen mussten. Gesagt, getan bzw. gelitten. Und gelitten trifft es doch sehr, da mich die Strecke ans absolute körperliche Limit gebracht hatte. 115 KM, 1.300 Höhenmeter mit teilweise 14% Steigung. 7 Liter Wasser und 2 Liter Cola haben immer noch nicht gereicht hatten und so kam ich absolut apathisch und ausgetrocknet, doch noch vor der Dämmerung in Santa Catalina an. Die Mädels aus Deutschland empfingen mich dann erst mal mit Wasser und einer Dusche und so verbrachten wir den Abend zusammen beim Italiener am Strand. Alles richtig gemacht! Am übernächsten Tag ging ich zusammen mit Hans Peter, den ich ebenfalls in Panama City kennen gelernt hatten, auf einen Schnorcheltripp. Und was wir dort erlebten könnt ihr hier nachlesen. Soviel vorweg, es gab Begegnungen mit einer Menge Zähne.
Apropos Begegnung, einen ersten Vorgeschmack auf die exotische Tierwelt in Panama hatte ich bereits während der Route in Form von großen Leguanen am Straßenrand oder den auch bei uns bekannten Geckos bekommen, sowie unzählige verrückte Vögel mit absurden Gezwitscher, was teilweise an Motoren und Maschinen erinnert. Aber was mir dann beim Toilettengang in der Dusche entgegen kroch, war dann endgültig „Willkommen im Dschungel“.
Es war der erste Skorpion, den ich außerhalb einer Tierhandlung und den Zoos zu Gesicht bekommen hatte. Nicht riesig aber auch nicht Insektengroß. Ich war so fassungslos, dass ich schon wieder amüsiert über die Situation war. Dass sowas passieren kann, war mir vor Einreise natürlich klar und hier und da schon berichtet worden. Also Glas drüber, Pappe auf die Öffnung und raus damit. Ein Tier mehr, auf der „muss man gesehen haben“ Checkliste. Diese sollte sich in den folgenden Tagen noch weiter reduzieren und lässt den Skorpion fast schon verblassen.
Sichtlich amüsiert fragten wir erstmal unseren deutschen Hotelier, wie sich das denn genau in Panama mit Spinnen, Skorpionen, Schlangen und Co verhält. Eindeutige Antwort bis auf Schlangen alles mehr oder weniger schmerzhaft aber nicht tödlich. Bei Schlangenbiss gibts nur eins was man tun kann, ab ins Krankenhaus. Gut merken ;-)!
Hans und ich verstanden uns auf Anhieb sehr gut und so verbrachten wir 4 Tage zusammen in Santa Catalina. Nach 2 Tagen wechselten wir in das Hostel Surfer Paradise und was soll ich sagen, Paradise ist noch untertrieben.
Malerischer Sonnenuntergang oberhalb des Surfer Strandes mit perfekten Wellen, sternenklare Nächte, leckeres günstiges Essen und Meerblick vom Zimmer für 15$ die Nacht. In Europa würde man für solche Aussichten sicherlich hunderte von Euro berappen müssen. Neben Hans Peter und den Mädels Babsi und Sarah aus Deutschland traf ich auch den Schotten Thomas aus Santa Carlos wieder. Und zu meiner großen Überraschung sogar Dario der Spanier, der eigentlich in Kolumbien sein sollte. Dario möchte ich hier noch mal ganz besonders erwähnen, weil ich dies tatsächlich in meinem ersten Bericht vergessen hatte. Dario hat die erste Seite in meinem privaten Tagebuch geprägt und Dario ist einer dieser Menschen die irgendwie innere Ruhe ausstrahlen und einen damit anstecken. Ich würde mich sehr freuen ihn unterwegs vielleicht nochmal treffen zu dürfen, weil ich die Zeit mit ihm die beiden Male sehr genossen hatte.
Hans ist nach Bocas weiter gezogen und sagte schon vielleicht sieht man sich im Sommer in Mexico wieder. Klingt auf jeden Fall nach „GEIL ich hab Bock“. Sarah und Babsi gehen ihrer Arbeit im deutschen Winter wieder nach und Thomas zieht ebenfalls nach Norden Richtung USA weiter. Ihn treffe ich somit womöglich nochmal. Ich für mich hatte entschieden Bocas del Torro links bzw. rechts liegen zu lassen und an der Pazifikküste weiter zu fahren. Ein Ziel soll es in Panama noch geben. Den Vulkan Baru und den damit verbundenen Ort Boquete auf 1.200 Meter Höhe. Bedeutete einerseits wieder viel aufwärts strampeln dafür aber das angeblich angenehmste Klima in Panama und oben auf dem 3.500 Meter höchsten Berg / Vulkan von Panama angeblich sogar frostige Temperaturen.
Bajo Boteque – Letzter Stop nächster Halt Costa Rica
Nach 6 Tagen Santa Cataline und einem Sonnenstich, den ich erst mal 2 Tage auskurieren musste, ging es dann endlich wieder weiter auf fast dem gleichen, beschwerlichen Weg hoch wie auf der Hinreise. Diesmal aber mit Zwischenstopp in Sona erneut bei der Feuerwehr. Hier konnte ich sogar morgens das Ritual der Flaggenhissung beobachten. Generell scheint Panama sehr patriotisch oder zumindest Flaggenverückt zu sein. Was bei uns mal Duftbäume und Plüschwürfel im Auto waren, sind hier panamesische Flaggen. Ich hab natürlich auch eine am Rad ;-). Weiter ging es nach Tolé auf einen Campingplatz an einem Fluss gelegen.
Ob man darin Baden könne fragte ich den Restaurant- und Campingplatzbesitzer. „Klar wenn ich keine Angst vor Krokodilen hätte.“ WHAAAT? Ach ja, da ist ja schon eins (Grins). Und tatsächlich direkt unter unserer Anhöhe lag ein ausgewachsenes Krokodil. Nach ein paar Rufen des Besitzers verschwand es dann aber wieder. Ich konnte es nicht glauben fühlte mich aber nach den Haien und Skorpionen herausgefordert. Also schnappte ich mir die Badehose und wollte ein sehr kurzes Bad nehmen. Vom Krokodil war auch schon nichts mehr zu sehen. Kurz bevor ich ins Wasser gehen wollte, tauchte er doch wieder in guter Entfernung auf und schwamm im großen Bogen um die Einlassstelle. Ihn beobachtend ging ich dann ganz schnell hinein, schwamm zwei Züge und ging auch wieder hinaus. Ich bin also mit Krokos geschwommen :-).
Die Reise zu Boteque ging weiter und ich wollte noch am nächsten Tag David in ca. 95 KM Entfernung erreichen. Eigentlich mehr als ich vorerst täglich radeln wollte aber versuchen wollte ich es. Dank iOverlander wusste ich auch, dass Notfalls 20 KM vorher ein Wildcampingplatz wäre, der aber das letzte mal 2016 genutzt wurde. Zudem hatte ich die Möglichkeit per Warmshowers schon in Richtung Boquete 20 KM weiter als David unter zu kommen. Das wäre aber sicherlich für eine Tagestour zu weit gewesen.. Also beschloss ich kurzerhand nach Sichtung des Wild Campingplatzes, dass ich es hier für mich das erste Mal ausprobieren möchte. Direkt am Fluss, sodass ich mich etwas abkühlen und abwaschen konnte und direkt unterhalb der Panamericana, also außer Sicht und nicht so weit weg. Perfekt dachte ich. Aber es wurde zu einer echt spannenden Nacht. Nachdem ich essen für den Abend besorgt hatte und den Besitzer des Geländes doch noch traf und er keine Einwände hatte, baute ich zügig meinen Platz auf.
Genau zur Dämmerung bin ich dann auch mit dem Essen fertig geworden und das was ich völlig außer Acht gelassen trat ein. Horden von Mücken. Logisch direkt am seichten Gewässer. Hier zu essen war unzumutbar und so versuchte ich der Situation mit einem Lagerfeuer, welches ich sowieso schon vorbereitete, her zu werden. Auf Anhieb hat es nicht geklappt, aber mit ein bisschen Kerosin ging es dann doch, fehlte nur noch ein bisschen Nachschub an Brennholz. Also musste ich noch welches sammeln, hinter meinem Zelt im Gebüsch. Ich bemerkte schon hier und da das Rascheln der Frösche und tat es als nichtig ab. Doch als ich den nächsten Ast greifen wollte schlängelte sich was vor meinen Augen im Gebüsch. Eine Schlange! Die Reaktion war dieses Mal definitiv nicht wie beim Skorpion amüsiert, sondern doch eher schockiert. Scheiße! Was nun. Sie war zwar nicht groß, ca. 40 – 50 cm, aber es war eine Schlange und wer in Deutschland hat schon Ahnung von den Tieren. Den Satz im Hinterkopf noch sehr bewusst „Schlangen da musst du aufpassen“, wusste ich nicht zu recht, was ich nun machen sollte. Abbauen und nach David in stockfinsterer Nacht? Mindestens genauso gefährlich vielleicht sogar schlimmer. Dank lokaler SIM also erst mal auf Schlangen Recherche im Internet gehen. Von den ca. 22 Schlangenarten in Panama sind 5 wirklich gefährlich und mit die giftigsten der Welt. Davon sah aber keine annähernd so aus, wie jene die ich gesehen hatte. Richtig fündig wurde ich nicht, also beruhigte ich mich am Feuer ein bisschen, schob das Zelt näher zum Fluss, weg vom Gebüsch und schürte das Feuer schön an, damit es die Nacht durchbrennen konnte und als Abwehr hoffentlich dienlich sein würde.
Das ich zwischendurch dann auch noch nicht minderkleine Spinnen erblickte, war natürlich wenig hilfreich. Jedoch war es keine panische Angst aber doch schon ähnlich einem guten Horrorfilm nur halt in „Real Life“. Wieder erwarten schlief ich später relativ. zügig ein und dann war die Nacht auch schon ohne Zwischenfälle vorüber. Vor der nächsten Wildcamping Aktion werde ich mich bezüglich Schlangen noch mal genauer informieren, aber alles in allem, war es genau wie mit den Haien oder dem Krokodil, die Art von Erfahrung die ich herbeisehnte und für mich mitnehmen wollte. Also nach dem Motto ride2epxerience.
Am nächsten Tag zog ich nun final zu den Warmshowers Hosts Richtung Boteque weiter, von wo aus ich nun diese Zeilen schreibe. Ken und Maxi die Amerikaner aus Alaska wollen hier ihren Lebensabend vorbereiten und bauen ihr eigenes Haus gerade auf. Ein wenig helfen konnte ich auch, um mich für die auch hier wieder überschwängliche Gastfreundschaft ein wenig revanchieren zu können.
Morgen soll es dann zum letzten Stop in Panama gehen und danach zielsicher nach Costa Rica.
Also bis dahin ride2experience
Kevin Odd
21. März 2018 @ 11:47
Man man man, dir kommt ja wirklich fast alles abhanden – nicht, dass du deine Badehose beim Schwimmen mit Krokodilen auch noch verlierst 😉
Viel Spaß in Costa Rica 🙂
Ps.: Der Link zum Schnorcheltrip funktioniert nicht.
Jan Lange
22. März 2018 @ 18:51
Hey Kevin,
ja das ist in der Tat wahr. Aber das war ja schon zu Hause auch schon immer der Fall, dass ich Sachen verlegt oder verloren habe. Aber ich geb mein Bestes damit es besser wird :-). Und wegen dem Link ich arbeite dran ich hatte nur leider keine Zeit den Schnorchelbeitrag zeitgleich fertig zu stellen. Aber Geduld ich werde heute und morgen dran arbeiten.
Schöne Grüße aus Santa Teresa.
david
4. Mai 2018 @ 19:31
No olvides subir las fotos de la playa de El Salvador!
Norman
9. Juni 2018 @ 19:12
Santa Catalina ist also mein nächstes Surfziel!
Wie sagt man bei den Fahrradfahrern… radmanns heil? 😉 genieß es!